Wenn Wolle zu W-Lan verhilft
Aus der Kreiszeitung / Böblinger Bote vom 04.12.2018
"Handmadel"-Inhaberin Ute Mehl aus Holzgerlingen unterstützt kranke Kinder mit Strick-Projekt
Wenn es draußen kälter wird, greift man im Wollegeschäft "Handmadel" in Holzgerlingen wieder zu Garnknäuel und Stricknadel. Und ganz im Sinne des weihnachtlichen Gedankens der Nächstenliebe hat Inhaberin Ute Mehl ein Projekt unter dem Motto "Stricken für den guten Zweck" ins Leben gerufen.
Von Sandra Schumacher
HOLZGERLINGEN. Das Prinzip: Stammkunden, Handarbeits-Fans sowie die mittlerweile vier Strick-Treffs produzieren Tücher, Schals, Mützen, Babykleidung und Kinderspielzeug, die Ute Mehl anschließend über die gesamte Adventszeit in ihrem Laden zum Verkauf anbietet. 600 Euro sind so bereits zusammengekommen, eine Summe von 1000 Euro möchte die Inhaberin noch erzielen. Der Erlös kommt dieses Mal dem Projekt "KraKiaN" der Stiftung "Hilfe für kranke Kinder" der Uni-Kinderklinik in Tübingen zugute. "KraKiaN" - das bedeutet "Kranke Kinder ans Netz". Die Initiative setzt sich zum Ziel, Kindern und Jugendlichen, die sich aufgrund von Erkrankungen wie Herzfehlern, Krebs oder Mukoviszidose immer wieder in stationäre Behandlung begeben müssen, mit Laptops und Tablets auszustatten. So sollen sie die Möglichkeit erhalten, auch während der oft langwierigen Aufenthalte im Krankenhaus mit Freunden, Familie und auch mit der Schule in Kontakt zu bleiben. So bleibe den jungen Patienten auch in der Klinik ein wichtiges Stück Alltagsnormalität erhalten.
Seit sie den Laden vor fünf Jahren eröffnet hat, setzt sich Ute Mehl für diejenigen ein, denen es weniger gut geht. "Deshalb gebe ich für die Kunden, die Wolle kaufen, um das Projekt zu unterstützen, 20 Prozent Nachlass", erklärt sie. Dabei liegen ihr allerdings nicht nur die Menschen am Herzen, sondern auch die Vierbeiner, die letztlich das Grundmaterial für die Handarbeitsstücke liefern. "Ich bin Tierschützerin und Vegetarierin. Für mich ist es wichtig, dass die Tiere auch ordentlich behandelt werden. Ich hätte keinen Spaß mehr an meinem Laden, wenn ich Material verwenden würde, dass von gequälten Tieren stammt."
So findet sich in Ute Mehls Angebot derzeit beispielsweise keine Merino-Wolle aus Neuseeland oder Australien. Dort wird nämlich noch das so genannte "Mulesing" (zu deutsch: Mulesierung) durchgeführt. Eine Schertechnik, bei der nicht nur die Schafswolle, sondern auch die Haut rund um den Schwanz ohne jegliche Form der Betäubung entfernt wird, um dem Befall durch Fliegenmaden vorzubeugen. Vor zwei Jahren hat Ute Mehl Angora-Wolle, die aus dem langen Fell der Angora-Kaninchen gewonnen wird, gänzlich von ihrer Bestandsliste gestrichen. "In einigen Produktionsstätten werden die Tiere dabei in zwei Halterungen gespannt und ohne Betäubung gerupft. Das mag man sich als mitfühlender Mensch gar nicht vorstellen", schüttelt Ute Mehl den Kopf. Mittlerweile hat sie einen anderen Hersteller gefunden, "bei dem die Tiere quasi im Wohnzimmer leben und keine Schmerzen erleiden, wenn sie geschoren werden".
Garnsortiment aus artgerechter Tierhaltung
Einen Wermutstropfen gibt es allerdings: Artgerechte Haltung hat eben ihren Preis. "Sobald Nachrichten über Tierquälerei bekannt werden, ist der Aufschrei in der Bevölkerung groß. Allerdings ebbt er auch schnell wieder ab, und sobald es an den Geldbeutel der Leute geht, vergessen viele ihre guten Vorsätze", ärgert sich Ute Mehl. "Wenn die Kunden einem die Chance geben, zu erklären, weshalb die Preise gestiegen sind, verstehen sie es ja häufig und bezahlen gerne die paar Cent mehr. Aber viele schauen nur auf die Beträge und kaufen dann einfach woanders."
Deshalb legt die Tierfreundin viel Wert darauf, ihre Kunden aufzuklären - und die meisten wissen es zu schätzen: "Mir war vorher nicht bewusst, dass heutzutage noch solche Praktiken ausgeübt werden. Daher bin ich froh, dass ich mir hier sicher sein kann, dass die Wolle aus artgerechter Haltung stammt. Denn wer findet es schon gut, wenn Tiere gequält werden?", sagt eine Stammkundin, die ihren Namen allerdings nicht in der Zeitung lesen möchte.