Regionaler Genuss: Fettgebackenes zum Fasching – Einblicke in die Backstuben der Bäckereien Frank, Sehne und Wanner.
Sie sind rund, mit Zucker bestreut, manchmal gefüllt und gerade jetzt in den Auslagen der Bäckereien zu finden. Die Rede ist von Berlinern, Krapfen oder Quarkinis. Doch wieso gehören sie zur Fasnet wie das Häs, die Maske oder die Guggenmusik?
„Jetz chunnt die luschtig Fasnachtszeit, wo’s Brotwürst rägnet und Chüechli schneit“: Eine alte kindgerechte Wetterregel aus dem schwäbisch-alemannischen Raum bringt die Herkunft von Krapfen, Küchle oder Berlinern auf den Punkt. Fettreiches Essen musste es in den Tagen rund um die Fasnet sein.
Der historische Ursprung für das Schmalzgebäck ist die Zeit nach der Fasnacht. Die nach dem Aschermittwoch beginnende vierzigtägige Fastenzeit beinhaltete bis zum 16. Jahrhundert strikte Regeln: So gab es ein Verbot von tierischen Produkten, also Fleisch, Wurst, aber auch Milch, Käse, Butter, Schmalz und Eier. Infolgedessen musste dies alles in der Fasnetszeit verbraucht werden. Daher auch der Begriff „Schmotzige“ Donnerstag, der absolut nichts mit schmutzig zu tun hat. Vielmehr war es der Auftakt zum häuslichen Küchlebacken und „schmotzig“ bedeutet nichts anderes als „schmalzig“ oder „fettig“. Wurden damals in der heimischen Küche vor allem Krapfen, also ungefülltes Hefeteiggebäck gebacken, ist es heute der gefüllte Berliner, der so beliebt ist.
Pfannkuchen in und aus Berlin
Denn Berliner sind in aller Munde. Doch woher kommt die Bezeichnung und warum heißen Berliner in Berlin Pfannkuchen? Dazu gibt es viele Geschichten, eine davon ist die, dass es fahrende Händler aus Bayern und Württemberg waren, die bereits vor 600 Jahren das Schmalzgebäck nach Berlin brachten und vor allem auf der Straße in der Pfanne zubereiteten. Man nannte diese „Kuchen aus der Pfanne“ ganz einfach Pfannkuchen, genauer gesagt „Berliner Pfannkuchen“ oder verkürzt schlicht „Berliner“. Eine andere Geschichte besagt, dass ein Berliner Bäcker, der im 18. Jahrhundert unter Preußenkönig Friedrich dem Großen diente, mangels Backofen in der Feldküche das Gebäck im heißen Fett gebacken hat.
Wenn man sich heute in den Bäckereien umsieht, dann sind Berliner nicht nur ein Gebäck kurz vor Aschermittwoch, ihre Saison beginnt bereits im Herbst mit den Klassikern gefüllt mit Marmelade und kurz vor der eigentlichen Faschingszeit noch andere Füllungen. Fragt man in den Bäckereien Wanner aus Holzgerlingen, Sehne aus Ehningen und Raisch aus Calw nach, sind sie sich einig: An den Berliner mit Marmeladenfüllung kommt keine andere Füllung ran. Ganz gleich ob traditionell mit Konfitüre in der Bäckerei Sehne, mit Eierlikör in der Bäckerei Raisch oder die Vanille-Füllung aus der Genusswerkstatt Wanner, sie alle haben zwar auch ihre Fans, aber die meisten greifen dann doch zum Klassiker.
Ein ganz besonderer Duft
Die Vorliebe für Berliner vom Bäcker lässt sich heutzutage durch die Herstellung erläutern. Den Duft von heißem Fett, der nach dem Backen noch lange an die Herstellung erinnert, mag nicht jeder so gerne in seiner Küche und der Aufwand für zwei, drei Berliner ist im Verhältnis auch viel zu groß. „Selbst meine Mutter ist zum Backen der Fasnetsküchle in die Backstube gegangen“, erinnert sich Irmtraud Füll, und das lange bevor die Familienbäckerei süße Stückle, Berliner und Kuchen in ihrem Angebot hatte. „An den Topf mit heißem Fett, in dem die schlichten Fasnetsküchle schwammen, kann ich mich noch gut erinnern.“
Auch bei Lilian Kienzle und ihrem Bruder Alexander wecken die Berliner Kindheitserinnerungen. „Am Freitag vor Fasching stand mein Vater früher vor unserem Laden am Bloo und hat auf der Straße Berliner frisch gebacken. Leicht warm sind sie noch mal etwas ganz besonders.“
„Die Mischung machts“, ist sich Lilian Kienzle von der Genusswerkstatt Wanner sicher. Der Berliner mit Minimarshmallows sei bei Kindern sehr beliebt, während Erwachsene dann gerne mal zu dem mit reiner Himbeermarmelade und rosa Zuckerguss verzierten Berliner greifen. „Wir machen unsere Füllungen mit einer Ausnahme alle selbst, angefangen von der hausgemachten Erdbeermarmelade für den Klassiker bis hin zur Vanillefüllung“, sagt Kienzle. Nur die Nutella-Berliner sind, wie der Name schon verrät, mit original Nutella gefüllt.
Auf Vielfalt setzt auch die Bäckerei Raisch, und es liegen Berliner gefüllt mit Nougat-Schokocreme, Pistaziencreme, Schokolade, Eierlikör und klassisch mit Himbeer-Johannisbeer-Konfitüre in den Auslagen der Filialen. In der Faschingswoche kommt dann och der Schwarzwälder-Kirsch-Berliner dazu.
Sie alle, egal aus welcher Backstube, haben auch ganz unterschiedliche Glasuren oder nur Puderzucker. Und wer einen klassischen Raisch-Berliner anschaut, findet gleich zwei Einstichstellen. „So verteilt sich die Füllung gleichmäßiger und sorgt für ein noch besseres Geschmackserlebnis“, ist sich Lena Raisch sicher.
Trotz aller Vielfalt, die klassischen Fasnetsküchle, ganz ungefüllt, haben auch noch ihre Berechtigung. Nur gezuckert oval wie bei Wanner’s oder rechteckig mit Zimt und Zucker von den Bäckerein Raisch und Sehne, sie gehören zur Hochphase der Fasnet dazu. Kleckerfrei, weil keine Marmelade herausquillt, sind sie es, die an das ursprüngliche Fettgebäck erinnern.
Runde Quarkstückchen
Während das klassische Fasnachtsgebäck aus Hefeteig besteht, ist es bei den Quarkinis ein Teig mit Backpulver. „Sie sind lockerer und werden direkt ins Fett gespritzt“, sagt Larissa Sehne. Anschließend werden auch sie mit Kristallzucker bestreut. Die kleinen Bällchen verschwinden mit zwei, drei Bissen im Mund, sind eine kleine Leckerei für zwischendurch und deshalb sehr beliebt.
Annette Nüßle