HGH-Vorsitzender Alex Stamm: "Holzgerlingen soll weiter Topveranstaltungen haben"
Aus der Kreiszeitung / Böblinger Bote vom 18.04.2019
Das Interview: Alex Stamm und Martin Weisbach, die neue Doppelspitze im Handels- und Gewerbeverein Holzgerlingen, gibt Gas
Der Handels- und Gewerbeverein von Holzgerlingen ist ein äußerst rühriger Verein. Jedes Jahr gehen Höhepunkte im städtischen Veranstaltungskalender auf seine Initiative zurück. Jetzt hat der HGH mit Alex Stamm und seinem Stellvertreter Martin Weisbach eine neue Doppelspitze. Die KRZ traf sie zum Interview.
Von Martin Müller
Herr Stamm, Herr Weisbach, der HGH ist bekannt als ein Verein, der immer wieder Großveranstaltungen auf die Beine stellt. Das soll wahrscheinlich so bleiben?
Stamm: Klar soll das so bleiben. Dieses Jahr gibt's wieder den Holzgerlinger Herbst mit dem verkaufsoffenen Sonntag als Finale am 6. Oktober. Dazu viele Aktionen, deren Planung jetzt anläuft.
Gehören dazu auch die "Herbst-Inspirationen", also Vorträge und Aktionen im Vorfeld?
Stamm: Auch die sind in Planung. Ich kann derzeit aber nicht 100 Pro sagen, dass sie stattfinden, weil Edeltraud Stribick als verantwortliche Organisatorin dafür leider ausfallen wird. Wir sind aber dran. Die Reihe ist sehr beliebt bei unseren Mitgliedern, viele Angebote sind ruckzuck ausgebucht.
Und die Planungen fürs große Stadtfest 2020 laufen auch schon heiß?
Stamm: Da sind wir beide neben vielen anderen Vereinsvorsitzenden mit im Orga-Team. Es soll da ein ganz neues Konzept etabliert werden für Holzgerlingen, das möglichst an die große Wir-Erfahrung vom 1000-Jahr-Jubiläum 2007 anknüpfen soll. Auch für uns als HGH kann das Stadtfest eine ganz große Nummer werden.
Wann gibt es eine Neuauflage für das Format 1001 Nacht, also die lange Einkaufsnacht?
Stamm: Gute Frage. Bisher gab es das in Jahren ohne Stadtfest. Es wird aber auch daran gedacht, den Turnus des Stadtfestes zu verkürzen auf alle zwei Jahre. In diesem Fall würde die 1001 Nacht womöglich darin aufgehen. Im Moment ist da aber alles offen.
Und wie steht's mit der Gewerbe open, die alle drei Jahre und zuletzt 2016 stattfand?
Weisbach: Zuletzt war es so, dass die teilnehmenden Mitglieder sich etwas schwer getan haben, dieses Großevent umzusetzen. Die Firmen produzieren ja oft die ganze Woche über; dann kommt so ein Ereignis oben drauf, bei dem man sich nicht nur in seiner Schaffenskraft gut präsentieren, sondern auch noch besondere Attraktionen mit Eventcharakter wie Musik, Essen oder Trinken aufbieten will - das ist ein wahnsinniger Aufwand für jedes einzelne Unternehmen. Der Erfolg des Ganzen ist dann aber extrem vom Wetter abhängig. Problematisch ist auch, dass das Gewerbegebiet mit fast drei Kilometern sehr weitläufig ist: Die Firmen vorn profitieren mehr, während sich hinten im Gewerbepark Sol nur noch wenige verlaufen. Die Unternehmer dort waren zuletzt auch eher etwas enttäuscht, weil Aufwand und Ertrag für sie zu weit auseinanderlagen.
Also: Ein Fragezeichen zur Gewerbe open?
Stamm: Ein sehr großes Fragezeichen - wir legen das eher erst mal auf Eis.
Weisbach: Das heißt jetzt aber nicht, dass die Unternehmen im Gewerbegebiet von uns vergessen würden: Wir überlegen, wie wir sie ins Stadtfest integrieren könnten. Dass Gewerbeschauen im Industriegebiet eher auf dem absteigenden Ast sind, ist im Übrigen kein Holzgerlinger Phänomen - das ist fast allerorts zu beobachten.
Viele Firmen haben heute Probleme, ihre Lehrstellen zu besetzen. Ein Fall für den HGH?
Stamm: Auf Initiativen einzelner Schulen gibt es Patenschaften mit HGH-Firmen. Und es gibt auch die von der Stadt und den Jugendreferaten ausgerichtete IBIS in Holzgerlingen, die interkommunale Ausbildungsplatzbörse, bei der sich viele von unser Mitgliedsbetrieben beteiligen. Dieses Format unterstützen wir und öffnen alle unsere Marketing-Kanäle dafür. Das ist mal was, was wir nicht selber veranstalten müssen, da setzen wir uns gerne drauf. Darüber hinaus sehen wir auch das Stadtfest im neuen Format als eine große Chance, Schulen und Firmen zusammenzubringen. Es sollen da beispielsweise Rennschlitten für ein großes Seifenkistenrennen gebaut werden - da können dann Firmen und Schulen unmittelbar zusammenkommen.
Bleiben wir beim Stichwort Ausbildung: Auch in Holzgerlingen versuchen zurzeit viele Flüchtlinge, sich ein neues Zuhause aufzubauen und vor allem, jetzt Fuß zu fassen im Arbeitsleben. Kann und will der HGH sie dabei unterstützen?
Stamm: Wir fühlen uns da schon angesprochen, das ist ein wichtiges Thema. Wir können da in erster Linie als Ideengeber wirken, denke ich, und unsere Mitgliedbetriebe dafür sensibilisieren, Interesse füreinander zu wecken und Möglichkeiten für beide Seiten, sich zu präsentieren.
Wäre es denkbar, mit einer Ausbildungsplattform der HGH-Betriebe speziell auch für Flüchtlinge in die Offensive zu gehen? Ein Fall für den Webmaster Weisbach?
Weisbach: Wir hatten bei der letzten Hauptversammlung Tina Binder und Christina Henck vom Integrationsmanagement zu Gast. Die verstehen sich als Koordinationsstelle für Flüchtlinge, die in den Betrieben vor Ort unterkommen wollen. Da haben wir schon eine hervorragende Institution seitens der Stadt. Da sollten wir auf keinen Fall Doppelstrukturen schaffen, die ja auch bedient werden müssten.
Stamm: Stimmt. Vergessen wir nicht, dass wir hier beim HGH alle als Unternehmer im Ehrenamt aktiv sind. Wenn wir Profis extern haben, die Dinge schon machen, dann unterstützen wir sie gerne mit allem, was wir haben, bieten ihnen Foren und verknüpfen auch gerne auf unsere Homepage. Wir können jetzt aber nicht aktiv als HGH in den Stellenmarkt eintreten. Das liegt nicht drin. Dafür haben wir einfach zu viel zu tun mit Aktivitäten, die wir am Laufen halten. Wir sollten uns auch nichts vormachen: Wir haben zwar viele Großunternehmer bei uns als Vereinsmitglieder, aber über unsere Newsletter kommen wir da nicht immer an die Entscheider heran. Mal salopp gesagt: Was der HGH macht, ist bei Großfirmen mit eigenen Management-Systemen nicht unbedingt von oberstem Interesse.
Früher hat sich der HGH durchaus als Organ für Mitgliedsbetriebe auch aus Altdorf und Hildrizhausen verstanden, wo es keine eigenen Gewerbevereine gibt; das spiegelt sich auch im Verbreitungsgebiet der eigenen Vereinszeitung, des "Marktblatts", wider. Hat der HGH nach wie vor den Wirtschaftsraum Schönbuchlichtung im Blick?
Weisbach: Unbedingt. Wir sind da absolut offen und halten es für ausgesprochen sinnvoll, die Schönbuchlichtung als Ganzes zu betrachten. Das gilt auch im Hinblick auf die Mitbewerber in größeren Städten. Wir haben Mitgliedsbetriebe auf der ganzen Schönbuchlichtung und darüber hinaus auch in Sindelfingen und Böblingen.
Stamm: Es ist dem HGH gelungen, bei vielen Unternehmern auch aus anderen Orten Interesse zu wecken: Die merken eben, dass hier etwas geht und dass sie hier viel geboten bekommen. Davon können alle profitieren, sofern sie nur Mitglied im HGH sind. Und ich denke, dass wir in der globalisierten, offenen Welt nur bestehen können, wenn wir uns gemeinsam aufstellen und es uns gelingt, ein Gegengewicht zu bilden.
Sie denken dabei wahrscheinlich besonders an den Einzelhandel?
Stamm: Genau. Der hat vielerorts schwer zu kämpfen - da genügt ein Blick nach Sindelfingen. Was dort geschieht, ist doch erschreckend, ein Traditionsbetrieb nach dem anderen macht zu. Da sind wir in Holzgerlingen vergleichsweise sehr gut aufgestellt. Ob das jetzt am HGH liegt, weiß ich nicht. Aber wir können den Einzelhandel über unsere Werbeaktionen und hervorragend funktionierende Homepage immer wieder stark machen und als Verein Marketingkanäle aufbohren. Wenn dann beim Holzgerlinger Herbst tausende vor den Ladentüren stehen, dann bieten wir damit doch etwas, was eigentlich unbezahlbar ist. Ein starker Verein wird im Übrigen ernst genommen auch von der Lokalpolitik - da mischen wir natürlich deutlich mit. Der Kontakt zur Stadt ist extrem gut, die ebenfalls ein großes Interesse hat an einem guten Einzelhandel.
Das Punkte-Kärtle bindet viel Kaufkraft in Holzgerlingen. Kann man inzwischen auch in Altdorf oder Hildrizhausen punkten?
Stamm: Außerhalb der Markung Holzgerlingens kann bislang nur bei der Weiler Hütte gepunktet werden. Aber jeder Mitgliedsbetrieb, egal von wo, kann im Prinzip gerne aktiv mitmachen. Wir sagen da nicht Nein.
Weisbach: Auch da sind wir total offen. Wir haben ja auch wirklich viele Kärtles-Inhaber aus umliegenden Gemeinden. Und Timo Marc als neuer Verantwortlicher dafür im Vorstand gibt da extrem Gas.
Große Dinge zu stemmen, erfordert ein hohes Maß an ehrenamtlichem Einsatz. Gibt es genügend Schultern beim HGH, um die Lasten zu stemmen?
Weisbach: Ich finde wir haben schon viele, die sehr bereitwillig mithelfen. Beim Auf- und Abbau des Weihnachtsmarkts beispielsweise können wir immer auf unsere Handwerker zurückgreifen. Da haben wir eigentlich noch nie ein Problem gehabt, genügend Leute zusammenzubekommen.
Nachdem der Chef- und Stellvertreterposten neu besetzt sind und mit Timo Marc und Tim Frasch für die Handwerker neue Beiräte im Vorstand aktiv sind, wird der HGH jetzt insgesamt durch eine ziemlich junge, nassforsche Truppe repräsentiert. Sind Sie den Herausforderungen gewachsen?
Stamm: Da bin ich sehr zuversichtlich. Ich weiß schon, was es heißt, das Vorstandsamt im HGH übernommen zu haben - das sind große Fußstapfen, die es auszufüllen gilt. Das will ich auch tun, das ist mein Ehrgeiz. Holzgerlingen soll - von mir aus die nächsten 100 Jahre - Topveranstaltungen haben, die den Wert der Stadt hochhalten. Das ist ganz wichtig auch für den Einzelhandel hier. Auch wenn meine bisherige Stelle als Beirat für Eventmanagement und Werbung nicht neu besetzt werden konnte: Wir sind jetzt zu neunt im Vorstand, haben sehr starke Schultern dort und mit 143 Unternehmern als Vereinsmitgliedern wirklich sehr viel Power im Hintergrund. Wenn wir irgendwas brauchen - dann ist das auch sehr schnell organisiert. Unsere ehemaligen Vorstandsmitglieder Eberhard Hiller, Lutz Beitlich, Thomas Maurer und Edeltraud Stribick haben wir ja auch nicht verloren - sie haben uns bereitwillig Hilfe angeboten, falls wir mal in Schwierigkeiten stecken sollten oder bei Entscheidungsfindungen Unterstützung brauchen. Man kennt sich, schätzt sich, mag sich. Darauf können wir aufbauen.
Wie beschreiben Sie Ihren Führungsstil?
Stamm: Ich denke, es ist sicher in Ordnung, wenn ich als Neuling mit Fragen auf Leute zugehe, die viel Erfahrung haben. Ich glaube auch, dass wir als junge Führungsspitze unseren eigenen Stil entwickeln werden. Für mich persönlich ist es am wichtigsten, den Laden zusammenzuhalten und die Projekte, die wir uns vornehmen, im Rahmen dessen zu halten, was im Ehrenamt möglich ist. Nur als Team können wir das stemmen, was wir tun. Der Team-Gedanke steht als Daueraufgabe über allem. Als One-man-Show geht es nicht.
Text / Bild: Martin Müller